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Osmose
 

Hier können Sie nachlesen, was wirklich dran ist an allem Gerede über das Phänomen, dass man auch den "GFK-Krebs" nennt, oft mißverstanden und noch öfter mißbraucht, um damit Geschäftsinteressen zu dienen. Wenn das Thema akut ist, wird es entweder heruntergespielt oder maßlos übertrieben, je nach dem, ob man ein Boot verkaufen oder reparieren will. 
 
 
Hier kurz, was man manchmal so hört über Osmose: 

in unseren Gewässern gibt es keine Osmose 

Das ist keine Osmose, sondern nur eine kleine Wasserabsorption, da brauchen Sie nichts dran tun, das  geht von allein wieder weg. 

Osmose ist ein ganz normales Phänomen, das man nie ganz vermeiden kann.. 

Dieses Schiff kann keine Osmose bekommen, denn das Laminat enthält Aramat! 

Boote aus "dieser" Werft hatten das noch nie! 

Dieses Boot (zu verkaufen) hatte wohl mal einen Anfang von Osmose, aber wir haben das mit einem von uns entwickelten Speziallack gestoppt. 

unser Osmose-Reparaturverfahren ist geheim und darf nicht veröffentlicht werden. 

allgemein gibt es in den ersten 4-5 Jahren keine Osmose... 

Osmose tritt nur an den ganz neuen Bootstypen auf! 

Osmose tritt nur an ganz alten Booten auf! 

Osmose gibt es nicht... 


 

Wir hören hier mal auf und gehen lieber zum Thema über: 

Osmose ist kein GFK-Krebs, sondern eher eine Plastik-Malaria. Man kann die Krankheit meist erfolgreich bekämpfen, auch wenn's teuer ist. Zu dieser Heilung ist eine wirklich ehrliche Diagnose fast wichtiger als die Behandlung selbst. Zum Verständnis nochmal kurz die Erfolgsstory von GFK im Bootsbau: 

Anfang der 50er Jahre las man zum ersten Mal in Fachblättern, daß Kunststofflaminate wohl zunehmend im Bootsbau für die Herstellung von Rümpfen verwendet würden. Das Laminat wird als ein hochfestes Material beschrieben, das allen auftretenden Belastungen widerstehe, wasserfest, nicht alternd, leichter als Holz, langlebiger , nur leider bisher noch wesentlich teurer als Holz, wenn auch der Rumpfbau wesentlich zeitsparender durchgeführt werden könne... 

Diese enthusiastische Einstellung zu GFK hat sich bis heute bei den meisten Leuten gehalten. Immer noch wird GFK als preiswertes, absolut dauerhaftes und pflegeleichtes Material angesehen. 

Die Produktion kleiner GFK-Rümpfe begann etwa in den 60er Jahren. Mit Rumpflängen von 2,5 bis 5,0 Metern waren diese offenen Boote anfangs schwer verkäuflich, da Holz damals noch hoch in der Gunst der Käufer und Bootsbauer stand. 

Innerhalb weniger Jahre verschob sich das Gewicht zugunsten von GFK, dem man nachsagte, daß es wesentlich problemloser im Betrieb und besser für industriellen Bootsbau geeignet sei, da es ohne besonders ausgebildete Bootszimmerleute verarbeitet werden könne. 

Ein erstaunlicher Aspekt von Osmose ist die Tatsache, daß man erst in den 80er Jahren anfing, über das Phänomen zu reden. Es gab zwar auch schon vorher ein paar seltene Fälle, wo Rümpfe flüssigkeitsgefüllte Blasen bekamen, aber man hatte noch keinen Namen dafür und wußte auch nicht damit umzugehen. 
Erst nach und nach fand man die korrekte Bezeichnung "Osmose" in Fachbeiträgen. In den frühen 80er Jahren wurde das Problem immer drängender. Boote zeigten zunehmend Blasen an den Rümpfen und man begann Untersuchungen anzustellen, wie die Sache zu behandeln sei. 

Heute ist das Phänomen komplett erforscht. Man weiß, wie und wann Osmose auftritt. Eigentlich sollte Osmose damit der Vergangenheit angehören. Umso erstaunlicher, daß es in vielen Marinas immer noch Leute gibt, die von dieser Sache wenig Ahnung haben. 
Hier also die Fakten, damit sich jeder selbst informieren kann: 
 

Was ist Osmose und wie sieht der Schaden aus? 

Grundsätzlich ist Osmose der Transport von Wasser durch eine Membran zwischen zwei Lösungen unterschiedlicher Salzkonzentration. Es gibt keinen Kunststoff, der das auf Dauer verhindern kann. Ohne ein grundlegendes Verständnis der Vorgänge an einem wasserumspülten Bootsrumpf, nutzt diese Information allerdings recht wenig. 

Die Widerstandsfähigkeit von Kunstharzen gegenüber Wasser zeigt sich im Test bei 60°C. Das beschleunigt die Vorgänge um ein Vielfaches gegenüber kaltem Wasser: 

Orthophthalsäureharz: 150 - 200 Stunden Belastung 
Isophthalsäureharz: 800 Stunden Belastung 
Neopentylglycol: 2400 Stunden Belastung 
Vinylesterharz mit Pigmentierung > 3000 Stunden 
Vinylesterharz ohne Pigmentierung > 4 - 5000 Stunden 
Vinylesterharz mit Neopentylglykol, versiegelt mit PVC-Vinyl oder Polyurethan-Acryl > 4 - 5000 Stunden Gerade die letzen Werte zeigen die riesige Schwankungsbreite sogar bei gleichartigen Grundstoffen - nur durch unterschiedliche Beimengungen. Fazit: Osmose fängt in dem Moment an, wo das Boot ins Wasser kommt... 

Die Hauptursache von Osmoseschaden ist "Undichtigkeit" im Gelcoat. Zuerst wandert Wasser ein und füllt mikroskopische Blasen im Laminat auf; dann fängt das Wasser an, alles aufzulösen was es erreichen kann: Glasfasern, schlecht abgebundenes Kunstharz, usw. Dadurch nimmt die Salzkonzentration in der Blase immer mehr zu. Durch das Gelcoat oder, noch schlimmer, über Risse in demselben diffundiert nun Wasser nach, das die eingeschlossene Lösung zu verdünnen sucht. Der Druck in der Blase steigt und steigt. Das Laminat wird langsam zerrissen und die Blase wächst. Vorzugsweise entlang der Glas- oder Carbonfasern. Das geht, solange der Rumpf sich im Wasser befindet, so weiter. Winzige Bläschen wachsen sich mit der Zeit zu enormen Schäden aus. Anders gesagt: Wenn es erst mal angefangen hat, kann niemand genau sagen, wie schnell die Osmose voranschreitet, aber sie ist nicht aufzuhalten. 
Osmose ist eine Krankheit mit Besserungsphasen und Rückfällen. Wenn der Rumpf aus dem Wasser ist, bessert sich das Schadensbild, weil Wasser aus dem Laminat verdunsten kann und sich auch noch zusätzlich entlang der Gewebefasern im Laminat verteilt... Aber sobald das Boot wieder ins Wasser kommt, geht es gleich wieder los! 

Das wird oft ausgenutzt, wenn Boote verkauft werden sollen. Einige Monate im geschützten Unterstand aufbocken, und das offensichtliche Schadensbild ist weg! Das in der Trockenheit zusammengeschrumpelte Antifouling tut ein übriges, die Schäden an der Oberfläche zu vertuschen. 
Ob ein an Land liegendes Boot Osmose hat, kann also nur durch einen genauen Hygrometertest des Rumpfes und genaueste Inspektion auf wassergefüllte Blasen festgestellt werden. Auch Proben des Antifouling-Überzuges können Hinweise geben. Allerdings bedeutet Feuchtigkeit im Laminat nicht unbedingt schon Blasenbildung. Osmose findet aber immer statt, wenn das Schiff im Wasser ist. Es kommt darauf an, wie stark das Laminat schon durchfeuchtet ist. Wassergefüllte Blasen sind untrügliches Indiz für Osmoseschäden. Der erste Schaden ist die Trennung der Glasfasern vom Harz. Das Boot wird zuerst einmal weich. Man merkt das oft, wenn die Boote auf dem Lagerbock abgestellt werden. Wird eine Yacht auf den Kiel gestellt und das Laminat ist noch nicht befallen, so kann sie über die Spanngurte mit ca. 400 Kilo je Gurt abgespannt werden ohne dass etwas einbeult. Auch durch die seitlichen Lagerbockstützen wird eine Yacht normalerweise nicht eingebeult. Wenn das passiert, dann liegen mechanische Schäden bereits vor wie ein Laminatbruch oder die Mattenbinder haben sich auf Grund der eindringenden Feuchte bereits vom Harz gelöst. Wenn es so weit ist, hilft nur noch das Abwracken. 
 

Wie sieht das typische Schadensbild vorher aus? 

Einzelne Osmoseblasen verformen die Gelcoatschicht. 
Blasen lediglich im Antifouling sind nicht schlimm. Abschmirgeln (vorsichtig!) und nachsehen! Das kann passieren, wenn Antifouling auf zu feuchte Rümpfe gestrichen, zu schnell verarbeitet oder falsch verdünnt worden ist. Machen Sie in solchen Fällen die Fingernagelprobe: Wenn sich die Blase ohne Werkzeug aufkratzen läßt, ist es ein Fehler im Antifouling, Blasen im Gelcoat können Sie nur mit Werkzeug aufstechen. Diese Unterscheidung ist wichtig, weil Blasen im Anstrich recht häufig vorkommen. Finden Sie unter dem Anstrich Blasen, so kratzen Sie vorsichtig mit einem Taschenmesser dran. Wenn dann eine runde Blase im Gelcoat aufbricht, ist es wohl Osmoseschaden. Typisch für Osmoseschäden ist die Füllung der Blasen mit Flüssigkeit. 

Oft spritzt diese unter Druck heraus, sobald die Oberfläche angekratzt ist. Der ölige Blaseninhalt riecht stark nach Essig. Das kommt daher, daß Kunststoffbestandteile sich mit Wasser in Polyvinylazetat umwandeln. 

Weiter typisch ist die Farbe der Flüssigkeit, die sich je nach Fortschritt der Osmose von leuchtend gelb über braun bis fast in schwarz verändert. (Im letzteren Fall ist die Osmose schon lange am Werk...) 
Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen Blasengröße, Farbe und Stadium der Osmoseschäden: relativ junger Befall zeigt sich in Blasen von 3-4 mm Durchmesser und leuchtend gelber Füllung. Blasen mit 3-4 cm, hohem Innendruck und dunkler Flüssigkeit zeigen ein fortgeschrittenes Stadium an. 
In Streitfällen haben Sie hier ein sicheres Mittel zur Beweisführung, ob die Osmoseschäden noch ganz jung, oder schon so alt sind, daß der Verkäufer es hätte vorher bemerken müssen. 
 

Warum kann Osmoseschaden entstehen? 

Hier die Hauptursachen: 

Sie haben ein laminiertes Boot mit Kunststoffrumpf. (Kein Scherz! Alle faserverstärkten Kunststoffe nehmen Wasser auf!) 

Schlechtes GelCoat-Material. Die Wasserdurchlässigkeit ist zu hoch. Gute Gel-Coat-Harze sind ohne Lösungsmittel und darum weniger durchlässig nach dem Härten. Aber osmosefreie Harze gibt es nicht. 

Schlechte Laminierung mit Lufteinschlüssen im Glasgewebe 

Zu hoher Härter-Anteil im Laminierharz (auch hier Blasenbildung) 

Schlechte Werkstattbedingungen (Zu feucht und zu kalt) 

Verschmutzung von Glasgewebe und / oder Laminierharz 

Boot ganzjährig im Wasser, fehlende Austrocknungszeit 

Die meisten vorgenannten Ursachen liegen im Bereich des Herstellers bzw. des Materiallieferanten, andere Faktoren haben aber ebenfalls erheblichen Einfluß: 

Der Zeitraum, in dem der Rumpf im Wasser liegt, bestimmt den Zeitrahmen für die Vergrößerung von Osmoseblasen. Boote die regelmäßig für längere Zeit austrocknen können, zeigen weniger Schäden. Am einfachsten das zu erkennen ist das mit einen Feuchtemessgerät. Ein trockenes Laminat hat einen Wert von ca. 1,5 – 1,75%. Hat der Wert beim Unterwasserschiff 2,5% überschritten, dann geht es richtig los, nur nicht sichtbar. Darum empfehlen Yachthersteller , das Boot ca. alle 3 Jahre für ein ½ Jahr auf den Trockendock zu stellen um den Vorgang zu verlangsamen. Häufige Erneuerung des Antifoulings bedingt häufiges Abschleifen des Rumpfes. Dabei wird oft die Gel-Coat-Schicht zerkratzt oder teilweise abgeschliffen. Solche Schadstellen nehmen leichter Wasser auf, da das Laminat selber nicht wasserdicht ist. In diesem Zusammenhang erinnern wir daran, daß Wasser allein keine Osmose bewirkt. Es kommt auf das Vorhandensein wasserlöslicher Stoffe im Laminat an. Erst dann geht es los. Leider sind solche Stoffe immer vorhanden... Sie sehen, wie genau man hinschauen muß, um zu entscheiden ob es sich wirklich um Osmoseschaden handelt. Auch der Effekt, daß Osmoseblasen bei Schiffen, die längere Zeit im Wasser lagen beim Herausheben leichter zu entdecken sind als bei solchen, die schon ein halbes Jahr oder mehr an Land lagen (hier können oft nur winzige luftgefüllte Hohlräume festgestellt werden) macht die richtige Diagnose nicht eben leicht. 
 

Wie ernst ist die Lage? 

Lassen Sie uns erst einmal klarstellen: Ein Rumpf hat entweder Osmoseschäden oder nicht. Zwischendinge gibt es nicht. Wenn er Osmoseschäden hat, ist es egal, wie alt der Rumpf ist. Und auch die Behandlung ist immer gleich. Frisch aufgetretene Osmoseschäden mit nur sehr kleinen betroffenen Flächen werden sich in den nächsten 2 Monaten noch nicht zum Katastrophenfall ausweiten; aber wenn schon große Blasen verbreitet auftreten, sieht es schlecht aus. 
 

Was ist "leicht" und was "schwer"? 

Junger Osmoseschaden hat kleine Bläschen nur an wenigen Stellen des Rumpfes, alter dagegen große Blasen über den gesamten Rumpf verteilt. Vergessen Sie nicht, daß verschleppter Osmoseschaden sich immer mehr ausbreitet. Die Blasen wirken, solange der Rumpf im Wasser ist, wie kleine Pumpen. Je nachdem ob das darunterliegende Laminat gut harzgetränkt ist oder nicht, wandert das Wasser entlang der Oberfläche oder dringt immer tiefer ins Laminat ein. Das saugt sich voll und gibt wiederum Salze an das Wasser ab. Die Osmose wird dann schnell zur Katastrophe. 

Früherkennung ist alles. 

Frisch aufgetretene Osmoseschäden betreffen meist nur die oberste Mattenlage. Das ist mit relativ wenig Aufwand zu reparieren. Blasen werden geöffnet, gesäubert und völlig ausgetrocknet. Dann kommt eine neue Gel-Schicht drüber. aber komplett, denn angeschliffenes Gelcoat ist ein Einfallstor für das Wasser. Wenn Sie aber mit der Reparatur zu lange warten, sind auch tiefere Schichten betroffen. Dann wird es richtig langwierig und teuer! 

Quelle: segelnetz.de